Das Geheimnis um Ismaels Geheimnis
- wortbeat
- 21. Jan. 2020
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 1. Mai 2020
„Dann fischte ich die Zeitung aus dem Müll und blätterte wieder zu den Kleinanzeigen. Ich wollte nur sehen, ob das blöde Ding noch da war und ob ich richtig gelesen hatte. Ich hatte.
Lehrer sucht Schüler
mit ernsthaftem Verlangen,
die Welt zu retten.
Persönliche Bewerbung erwünscht.“
Im Jahr 1991 erschien der Roman ISMAEL (original ISHMAEL), geschrieben von Daniel Quinn, einem amerikanischen Schriftsteller, der eigentlich Mönch werden wollte. In dem Roman streiten ein Lehrer und sein Schüler über den desolaten Zustand unseres Planeten. Wie und warum es der Mensch in seinem Streben nach immer mehr Macht und Reichtum geschafft hat, das Paradies auf Erden fast in eine Hölle zu verwandeln. Der Lehrer erzählt seinem Schüler die Geschichte der Evolution aus einer völlig anderen Sichtweise. Der Schüler Alan, ein junger Mann um die 30, hört ihm fasziniert zu. Sein Lehrer heißt Ismael und ist ein Gorilla.

Alles beginnt mit einer Anzeige in einer Zeitung in der stand: „Lehrer sucht Schüler mit ernsthaftem Verlangen, die Welt zu retten. Persönliche Bewerbung erwünscht.“ Gleich zu Beginn wird eine Frage gestellt: „Gibt es ohne den Menschen Hoffnung für den Gorilla?“, die auf der letzten Seite mit einer Gegenfrage quasi beantwortet wird: „Gibt es ohne den Gorilla Hoffnung für den Menschen?“ Der Roman bietet viel Stoff zum Nachdenken und stellt Alternativen in den Raum, die es wert sind beachtet und überdacht zu werden. Im Grunde genommen geht es um das Zusammenspiel aller Dinge auf unserem Planeten und die Auswirkungen menschlichen Verhaltens auf die Umwelt und Natur.
Daniel Quinn wurde 1935 in Omaha, Nebraska, U.S.A. geboren. Nach dem Besuch der Jesuitenschule und eines theologischen Studiums wurde er allerdings Schriftsteller anstatt wie vorgesehen Mönch. Für seinen Roman ISMAEL erhielt er einen mit einer halben Million Dollar dotierten Preis, den Turner Tomorrow Fellowship Award. Ein in dieser Höhe nie wieder vergebener Preis für ein einzelnes Werk. ISMAEL war der erste Teil einer Trilogie, ihm folgten 1996 noch THE STORY OF B. und 1997 abschließend ISMAELS GEHEIMNIS. Dies sind aber laut Wikipedia nur drei von 14 seiner veröffentlichten Werke. THE STORY OF B. habe ich bisher noch nicht in einer deutschsprachigen Ausgabe gesehen und demzufolge auch noch nicht gelesen. Ein Buch im englischen Original zu lesen, habe ich mir fürs nächste Leben aber fest vorgenommen. Das Buch ist im Handel erhältlich, der dritte Teil ISMAELS GEHEIMNIS auch, aber nur noch im amerikanischen Original MY ISHMAEL. Allerdings besteht die Möglichkeit ein deutschsprachiges Exemplar über diverse An- und Verkaufsbörsen für einen etwas höheren Obolus zu erwerben. Ich persönlich besitze, nein ich besaß, zwei Exemplare, ein Zerlesenes ergo meins und ein sehr gut erhaltenes, dass ich für 50 Cent in der Ramschkiste der Stadtbibliothek Ilmenau als aussortiertes Buch fand. Das war für mich schön, aber dass das Buch wegen zu weniger Ausleihen aussortiert wurde, stimmte mich nachdenklich. Eigentlich hätte ich mich nur freuen sollen, da das Buch mit 75 € im Internet gehandelt wird. Da ich aber keine marktwirtschaftliche Ader besitze, habe ich ISMAELS GEHEIMNIS zu Weihnachten verschenkt, in der Hoffnung sie möge die Welt retten.
Ismael ist auch im dritten und letzten Teil der Lehrer, doch diesmal hat er eine Schülerin, ein 12jähriges Mädchen namens Julie. Der Zeitrahmen der Geschichte spielt vor Teil eins, verläuft aber auch irgendwie zeitgleich und eine Zeitreise ist es ohnehin. Zuerst erscheint wieder die Anzeige in der Zeitung: „Lehrer sucht Schüler mit ernsthaftem Verlangen, die Welt zu retten. Persönliche Bewerbung erwünscht.“ und die Frage: „Gibt es ohne den Menschen Hoffnung für den Gorilla?“ Die Geschichte verläuft quasi nahtlos, ist miteinander verwoben und beschäftigt sich demzufolge auch mit der gleichen Problematik Mensch versus Natur.
Die Trilogie um Ismael diente 1999 als Vorlage zu dem Film INSTINKT, der in keiner Weise den Romanen gerecht wurde. Außer der wie immer exzellenten schauspielerischen Leistung des britischen Mimen Anthony „Hannibal Lecter“ Hopkins konnte ich diesem Film nicht viel abgewinnen, zumindest nicht in Bezug auf Ismael.
2010 kam Daniel Quinn noch einmal groß in die Schlagzeilen, da bei einer Geiselnahme beim Fernsehsender DISCOVERY CHANNEL in Silver Spring, Maryland, U.S.A., durch den Geiselnehmer, James Lee, die Durchsetzung eines Manifests gefordert wurde, dass direkt Bezug auf Quinns Buch ISMAELS GEHEIMNIS nahm.
Daniel Quinn starb 2018 in Houston, Texas, U.S.A. in dritter Ehe im Alter von 82 Jahren und hinterließ der Welt, wie ich finde, viele gute Fragen. TK
Die Textauszüge stammen aus den deutschen Übersetzungen der Bücher Ismael und Ismaels Geheimnis von Daniel Quinn.
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