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Das Silvester Traumata und seine Follower

  • wortbeat
  • 11. März 2020
  • 5 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 1. Mai 2020

Logbucheintrag vom 11. März 2020, die Sternzeit hatte schon Frauentag und Freitag der Dreizehnte naht


Was haben Edgar Allan Poe‘s Hinab in den Mahlstrom, Robert Anton Wilsons Illuminatus! 1-3, William S. Burroughs‘ 23 skidoo, Jules Vernes 20.000 Meilen unter dem Meer und Boris Vians Der Schaum der Tage sowie die bewegten Bilder von Zurück in die Zukunft II, Findet Nemo, Freitag der 13., MacGuyver und den Minions gemeinsam? Sie alle sind Inspiratoren der folgenden Geschichte, die sich niemals so zugetragen hat, wie man mir sie zutrug, bevor ich ging und in Latschenkiefernbadewasserzusatz, in meiner Badewanne liegend, schweißgetränkt aus einem Alptraum erwachte.



Die sehr ausgefallene Silvesterparty hatte anscheinend tiefere Verletzungen in meiner Seele hinterlassen, als dies mir bisher bewusst war. Der morbide Traum aus dem ich desillusioniert, aber lebend heraus kam, hatte mich wieder mit dem wilden Quietschentchen der Silvesternacht zusammengebracht. Die Resozialisierung und das geschlechtsumwandelnde Gummierungsverfahren waren vermutlich nur eine Falschmeldung sozialer Falschmedien oder eines asozialen Medienfälschers gewesen. Aber das spielte nun auch keine Rolle mehr, da ich weiß, was ich letzten Sommer geträumt habe.


Wie so oft hatte ich es mir in meiner Badewanne mit etwas Musik, Kerzen, einem kryptischen Räucherstäbchen und einem Glas Château Camplong bequem gemacht. Als ich nach ungefähr zwei Stunden den Kulminationspunkt meiner Entspannung erreicht hatte, war ich eventuell weichgespült, aber definitiv eingeschlafen und es begann der erwähnte Alptraum mit dem Schaum der Tage.



Plötzlich war es wieder da, das boshaft grinsende wilde Quietschentchen, welches mich mutmaßlich schon einmal angegriffen hatte. Meine Nackenhaare versuchten sich zu sträuben, waren aber viel zu nass und ließen es bleiben. Dann sagte das wilde Quietschentchen mit heliumbasierter Grabesstimme zu mir: „Mit dir habe ich noch ein Hühnchen zu rupfen mein Freund, du kommst jetzt mal schön mit.“ Gesagt getan, zog es den Stöpsel aus der Badewanne und das Wasser begann abzufließen. Es bildete sich rasant ein immer größer werdender Strudel, dem Mahlstrom gleich, und zog mich durch den Siphon in die Kanalisation hinab, bevor ich ihn malen konnte. Das Quietschentchen strudelte um mich herum und nervte mich tierisch.


Wir kamen an Orten vorbei, an denen ich definitiv nie vorbeikommen wollte, wobei ich mehrfach das Bewusstsein verlor und dieses dann partiell wiederfand, ohne dass es mir temporär bewusst gewesen wäre. Ich sah den Palast der Republik aus Plastik im Schiefen Turm von Pisa und wähnte mich nach einigen weiteren architektonischen Kapriolen ganz verstohlen auf der Zielgeraden, ohne zu wissen welches Ziel gerade aktuell war oder wer ich überhaupt sein würde, wenn ich wieder bin. Dann wurde ich auch noch in ein Handgemenge mehrerer Orgasmen verwickelt, bevor ich wieder ein wenig zu mir kam. Ich musste mutmaßen, dass wir vermutlich gerade die Donau passierten, da sie mir eine Donauwelle ohne Serviette servierten. Unzählige Nebenflüsse später wurden wir herausgesogen und landeten vielleicht im Auwaldsee nahe Ingolstadt oder auch nicht. Auf jeden Fall sah ich dort tatsächlich das von Robert Anton Wilson vortrefflich beschriebene fiktive Bataillon todeswütiger Nazibarbaren auf dem Boden des Sees, aber nicht des Bodensees, abrufbereit exerzieren, ohne zu telefonieren. Von einem bajuwarischen Woodstock konnte ich allerdings nichts hören und ließ mich in meinem Wahnsinn auch nicht weiter stören.



Dann trieben wir allerdings schon wieder weiter und nach meiner 42sten Ohnmacht im 23sten Motorschlitten landeten wir im Silbersee, an dem Frau Goldberg saß und angelte. Ich fragte mich, ob sie Kathrin hieß und einen Schatz hatte, wusste es aber nicht und wollte es auch nicht schätzen. Dann dachte ich, dass ich Silber sehe, aber ich sah nur monochrome Quietschentchen, die um einen Marterpfahl schwammen. Dieser befand sich vor einem U-Boot, es war die Nautilus und nicht die Lief Erikson, wie ich im ersten Moment vermutete. Angekettet an diesem, aber zum Glück nicht gepfählt, stand Captain Nemo und ich hätte gewettet, dass ich spinn, aber ich war mitten drin.


Als sie uns sahen, hielten sie inne und kamen auf uns zu geschwommen, um dem wilden Quietschentchen zu huldigen. Sie nannten es Lord Opulente V. Ente und verbeugten sich dermaßen tief vor ihm, so dass ihre Schwänzchen in die Höhe standen, auf denen jeweils das Wort L.O.V.E. gestickt war. Das wilde Quietschentchen war also ihr Anführer, möglicherweise ein Hagbard Celine der Quietschentchen-Szene, obwohl ich immer noch nicht verstand, warum es sich in meine Badewanne gebeamt hatte, vielleicht sollte ich weniger Jim Beam trinken.


Aber das war mir jetzt auch egal, ich hatte Hunger und das Graffito an der Seite der Nautilus, EAT THE RICH ON SANDWICH, machten mich überhaupt nicht satt, sondern eher nachdenklich und mir fiel der Spruch auf einer Biowaffeltonne in meinem Städtchen wieder ein, REICHE ELTERN FÜR ALLE. Das wäre ein sehr wünschenswerter Zustand, der mir allerdings in meiner Situation leider nicht helfen würde, wenn es denn so wäre, wie dort gewünscht. Ich wünschte mir nur noch eines, Zurück in die Zukunft II, äh nein, ich meine zurück nach Hause, in meine ach so geliebte Badewanne. Also schmiedete ich mir einen Plan, um dies zu realisieren, obwohl ich traumatisiert war, den Realitätsverlust hatte ich noch gar nicht realisiert. Das würde Plan B werden.



Aus meinem 1. FC Lokomotive Leipzig Badeanzug schneiderte ich mir in MacGyver Manier einen Minion-Anzug, da sich die Aufmerksamkeit von Lord Opulente V. Ente und seinen monochromen Quietschentchen Captain Nemo zuwendete. Jetzt schlich ich mich unbemerkt hinter die Nautilus, die nicht die Lief Erikson war, wie ich bereits wusste, um Nemo zu finden. Dabei fiel mir wieder ein, dass er ja am Marterpfahl stand und ich erinnerte mich auch an Marta Pfahl aus der Grundschule. Also suchte ich in meinen Taschen nach Zeugs, um die Enten von dort wegzulocken, aber ich fand nur zwei Bananensoftdrinks. Die mussten eben reichen und das taten sie auch. Kaum hatte ich die Verschlusskappen geöffnet, stürzten sich alle Quietschentchen, inklusive Lord Opulente V. Ente, auf das Gebräu der kapitalsozialistischen Bananenrepublik Benimm Zwei. Den Moment nutzend, befreite ich in einer spektakulären Befreiungsaktion ohne meinen geliebten Spekulatius blitzschnell den Captain und wir fuhren in Ultraschallgeschwindigkeit mit der Nautilus davon.


Er brachte mich auf einer abenteuerlichen Reise, von der ich vielleicht ein anderes Mal berichten werde, wieder heim ins Reich. Nun war ich erst einmal froh, sicher zu Hause angekommen zu sein. Die ganze Rückfahrt über leugnete Nemo stoisch, dass er ein Clownsfisch sei und als wir den Po durchquerten, erzählte er mir, dass sein Vater Marlin, den er auch manchmal Jules nannte, ihn überhaupt nicht suchen würde. Denn dieser wüsste natürlich, dass er in Büchern lebte, aber trotzdem kein Wurm isst, wie Fische das manchmal tun, wenn ein Wurm am Haken hängt, nur weil kein Bild da war. Aber was soll‘s.


Als ich kurz darauf in meiner Badewanne erwachte und im ersten Moment dachte, nur geschlafen zu haben und deshalb lachte, bis ich den Minion-Anzug sah und wusste für wahr, dass das ein realer Alptraum war. TK

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